Die Schriften von Karlgeorg Hoefer
Auszug aus den Aufzeichnungen von Karlgeorg Hoefer aus dem Jahr 1999
Die Schriften des Karlgeorg Hoefer
Mein Vater war als kleiner Junge in Hirschberg, Schlesien, begeistert von dem lokalen Schreibwarenladen mit angeschlossener Druckerei. Sein erstes Taschengeld sammelte er um sich davon einen eigenen Füllfederhalter zu kaufen und sich eigene Visitenkarten drucken zu lassen.
Sein Vater war sehr empört darüber.
Dies zeigt aber schon wie früh seine Begeisterung für Schrift und das Drucken war. Er schrieb mit der Feder und während seiner Lehrausbildung im Rauhen Haus in Hamburg unterließ er keine Gelegenheit um Schilder und Urkunden zu schreiben. Diese Begabung wurde ihm auch als Besonderheit in sein Zeugnis geschrieben.
Seine erste Druckschrift entstand aus den Schreibübungen mit der von ihm erfundenen Breitfeder Brause 505. Mit dieser Feder konnte er sowohl breite fette Striche, als auch ganz dünne Linien schreiben.
Salto
Diese expressiven an Pinselschrift erinnernden Formen begeisterten Karl Klingspor, den Inhaber der Offenbacher Schriftgießerei Klingspor, der diese Schrift 1952 unter dem Namen »Salto« herausbrachte. Sie ist heute ein Inbegriff des Schriftdesigns der 50iger Jahre. Die Versalien waren sehr breitlaufend und die Gemeinen im Kontrast dazu sehr klein. Auf Wunsch der Schriftgießereivertreter entwickelte KgH dann kleinere Versalien zu den gleichen Gemeinen, die 1954 dann unter dem Namen »Saltino« angeboten wurden.
Saltino
Dazu entstand noch eine weitere Schriftvariante mit der Bezeichnung »Saltarello«, bei der die Versalien der Salto sind mit neuartigen größeren Gemeinen. Diese Schrift wurde nicht mehr gegossen.

Monsun

1955 kam bei Gebrüder Klingspor eine neue Werbeschrift mit dem Namen »Monsun« heraus. Ähnlich wie die Salto hatte sie den schmissigen pinselstrichähnlichen Charakter, sie war aber auf raumsparende schmale Formen angelegt. Die Schrift konnte sogar in kleinen Graden noch eingesetzt werden.

Für die Deutschen Auslandsschulfibel beauftragte ihn der Diesterweg Verlag eine neue Fibelschrift zu entwickeln. Mit der Breitfeder entwickelte er eine kursive Antiqua mit nur einem Schnitt, die 1957 als »Prima« bei der Schriftgießerei Klingspor zuerst geschnitten und dann bei der D. Stempel AG in Frankfurt gegossen wurde.
Vor 1962 beauftragte ihn Ludwig & Mayer mit der Erstellung einer neuen strengen Groteskfamilie. Die »Permanent« wurde im Laufe von rund 10 Jahren zu einer kompletten Familie von KgH ausgebaut. Die »Permanent« ist in ihrem Typus wie die klassizistisch basierenden Schriften Univers oder Folio. Es sind die folgenden Schnitte für diese große Groteskfamilie von ihm gezeichnet und gefertigt worden:
Permanent leicht 1971, mager 1962, kursiv 1967, halbfett 1962, fett 1962, schmalmager 1967, schmalfett 1967, breitleicht 1979, breitmager 1963, breithalbfett 1963, massiv 1967. Außerdem hatte er dazu die Permanent Headline mit Headline licht 1964 und 1969 Headline Kursiv gestaltet. Diese Schrift besaß keine Unterlängen, d.h. auch ein g, p, q und y war so sehr gestaucht, daß es in eine kompresse Zeile paßte. Natürlich gab es auch dazu passende Zeichen mit Unterlänge, die aber vom Setzer dann mit Blindmaterial freigeschlagen werden mußte. Diese Plakatschrift ist unter dem Namen »Headline« weltberühmt geworden.
Die wohl eigenartigste Schrift war sein Experiment mit einer Pinselschrift, die er teils Schwarz und teils Grau als Zeichnung anlegte. Der optische Effekt dieser Schrift war unbestritten etwas neues, aber wie sollte das Grau aus einem schwarzen Buchstaben kommen. Die Stempelschneider der D. Stempel AG wußten einen Ausweg, indem sie die grauen Flächen durch verschieden aneinandergelagerte Schraffurlinien heraus arbeiteten. 1965 brachte die D. Stempel AG, Frankfurt die Schrift unter dem passenden Namen »Zebra« heraus.
Stereo
Seine Experimente mit den Schriftformen und der räumlichen Darstellung begannen schon sehr früh. Erste Skizzen an seiner Schrift »Stereo« sind in seinem Nachlaß mit 1957 datiert. Hierzu hatte er verschiedene Formen und Füllungen ausprobiert. Die entworfene Schrift wurde dann erst 1968 bei L+M fertig gestellt. Durch die teilweise Weglassung von Formteilen entsteht ein sehr räumliches Schriftgebilde. Den Namen erfand er da er zu dieser Zeit auch ein begeisterter Stereo-Hörer war. Der Raumklang und die räumlichen Formen seiner Schrift paßten zusammen.
Ebenfalls 1968 brachte L+M die Schreibschrift »Elegance« heraus. (Sie wurde unter dem Namen Sincerely von Canadatype digitalisiert). Diese extrem breit laufende Schrift hatte eine äußerst zarte, fast gleichmäßige Strichstärke. Sie wirkt so leicht und beschwingt und ist ideal für festliche Einladungen geeignet. Für Kenner handelt es sich dabei um die Umsetzung seiner damaligen eigenen Handschrift. Als Schreibwerkzeug verwendete er den feinen »Rotring Rapidograph« Tuschestift.
1970 wurde KgH von JT Hellas, Athen beauftragt eine neue »griechische Programm-Grotesk« für das griechische Telefonbuch zu erstellen. Dies war seine erste digitale Schrift bei den es nicht um die Zeichnung eines fertigen Buchstabens ging, sondern jedes Bildelement als ein kleines Rechteck anzusehen war, so daß die Schriftzeichen je nach Schriftgröße aus einer passenden Bitmap zusammengesetzt wurde. Die Schrift ist für die erste digitale Setzmaschine »Digiset« der Firma Dr. Ing Hell, Kiel entstanden. Besonderes Augenmerk wurde hier auf die Lesbarkeit der griechischen Zeichen und den Ziffern gelegt.
1974 schrieb KgH den gesamten Text für das Buch »Unsere neue Fibel«, die im Klettverlag, Stuttgart erschien. Die darin verwendete Schulschrift war sehr schnörkelig und hatte durch die Schreibschrift auch viele Varianten mit Endungs und Anfangsbuchstaben. Da die damaligen Setzmaschinen diesen umfangreichen Zeichenvorrat nicht einfach abbilden konnten, wurde in Zusammenarbeit mit der Berthold AG für das Diatype Fotosatzgerät eine eigene Schriftscheibe dieser »Lateinischen Ausgangsschrift« entwickelt. Kurze Zeit darauf entstand diese Schrift dann auch für die Fotosetzmaschinen der Linotype.
Die Formen der Lateinischen Ausgangsschrift störten ihn und er arbeitete mit dem Arbeitsgemeinschaft Schreiberziehung an einer etwas leichter zu schreibenden vereinfachten Form. Die vielen An und Abstriche wurden auch auf das Wesentliche reduziert und bei Berthold und Linotype als »VA-Schrift« (vereinfachte Ausgangsschrift) herausgebracht.
Bei seinen vielen Schriftversuchen entdeckte KgH die Möglichkeiten einer fetten plakativen Schrift. Durch minimalisierte, aber gleichzeitig elegante Formgebung entwickelte er die Schrift »Bigband«, die 1974 von Ludwig + Mayer als Bleischrift herausgebracht wurde. Ihre fetten Formen sind sehr markant und werden in plakativen Anzeigen verwendet. Dazu entstand als Pendant noch eine lichte Variante, die aber nie recht angenommen wurde. Seine Versuche auch feinere Strichstärken für diese Schrift zu machen, wurden nicht mehr realisiert und liegen noch als Entwurf in den Schubladen.
Bigband
1990 startete Linotype unter der Regie von Adrian Frutiger das Projekt "Type before Gutenberg", eine Paketreihe mit Schriften aus der Zeit vor Gutenbergs Bleilettern. Diese charakteristischen Formen hatten die Schreiber vor Gutenberg erfunden. Es ging dabei nicht darum diese alten Schriften einfach nur aus alten Büchern heraus zu kopieren und zu digitalisieren, sondern hier sollten die Kalligraphen unserer Zeit sich in die alten Schriftformen hineindenken und dann ihre moderne Interpretation mit zeitgemäßen Formen schreiben.
Hierfür konnte Linotype ein Team von Kalligrafen aus der Schreibwerkstatt-Klingspor in Offenbach gewinnen, die sich dieser Aufgabe annahmen.
Karlgeorg Hoefer, Prof. Gottfried Pott und Herbert Maring bildeten das Team um diese Schriften zu entwickeln.
Omnia
San Marco
Notre Dame
Hierbei hat Karlgeorg Hoefer 1990 für das erste Paket die Schriften »Omnia«, eine klassische Unzial-Versalschrift mit sakralem Charakter und die »San Marco« als Rundgotisch mit traditionellem langen s geschrieben. 1991 begann er mit der Schrift ”Notre Dame“, eine sehr gut gelungene gotische Schrift mit passendem Schmuckfont, die im zweiten Paket erschien.
Sho
Ebenfalls 1992 entstand eine weitere Serie "Calligraphy for Print", zu der Hoefer die Pinselschrift "Sho" beisteuerte. Sie ist sehr großzügig angelegt und als Schrift sehr markant. Ursprünglich sollte die Schrift nach dem Komiker Charlie Chaplin benannt werden, denn wenn man sich das kleine c ansieht, dann erkannte er darin den schlafenden Mann im Boot. Doch leider war dies aus Namensschutzgründen nicht möglich. Der Name »Sho« stammt aus dem Japanischen und bezeichnet damit die Schriftkunst.
Beneta
Für die Fortsetzung des Projektes »Type before Gutenberg« lieferte KgH 1992 eine französische Bastarda. Sie ist unter dem Namen »Beneta« bei Linotype herausgebracht worden.
In den 70iger Jahren beauftragte ihn das damalige Verkehrsministerium mit der Erstellung einer neuen fälschungssicheren Schrift für die Kraftfahrzeug Kennzeichen. Dies war für ihn eine große Aufgabe und Herausforderung, die er in enger Zusammenarbeit mit dem Schilderhersteller Dambach-Templin durchführte. Seine Formen waren sehr eigenwillig, aber sie konnten nicht so schnell mit einem Filzstift verändert werden, wie dies mit der alten DIN-Schrift machbar war. Durch jahrelange Tests wurde die Schrift immer wieder in ihren Formen geändert bis sie eigentlich gar nicht mehr das war, was er sich dazu vorstellte. Sie wurde dann durch den Regierungswechsel mit in die Ablage gelegt und verschwand.
Durch das Aufkommen der neuen Euro-Kennzeichen hatte der Schilderhersteller Utsch sich dieser Schrift erinnert und so diese in den Archiven liegende Schrift reaktiviert. Ihre eigenwilligen Formen regten zu hitzigen Debatten an. Heute ist sie fester Bestandteil unseres alltäglichen Bild des Straßenverkehrs.

Karlgeorg Hoefers Schriften sind weltweit in Gebrauch und akzeptiert. Folgende Schriften gibt es in digitaler Form: Beneta, Bigband, Elegance(Sinderely),Notre Dame, Omnia, Salto, San Marco, Sho, Stereo und Zebra sind heute bei Linotype.com als downloadable Fonts im OpenType Format und als Webfonts.
Otmar Hoefer
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