Familiengeschichte
Erinnerungen von Karlgeorg Hoefer
handschriftlich niedergeschrieben im Mai/Juni 1999.
Meine Großeltern mütterlicherseits
Der Kammgarn-Fabrikbesitzer Georg Alfred Dinglinger (geb. 26.7.1857 in Berlin) und Else Dinglinger geb. Bergmann, (geb. 7.11. 1859 in Berlin, getraut 29. 6.1883), lebten in ihrer Villa in Wüstegiersdorf, Kreis Waldenburg/Schlesien, hatten zwei Kinder Curt (geb. 20.12.1885) und Helene (meine Mutter, geb. 20.11.1888). Die Großeltern sind mir besonders ans Herz gewachsen, vor allem meine gute Großmutter!
Über die Fürsorge ließe sich viel berichten. Durch sie erhielt ich mein erstes Taschengeld. Für Staubwischen mit dem Federwisch in dem museumsartig ausgestatteten Räumen und für Unkraut rupfen zwischen den Gartenstufen erhielt ich Kleingeld, das sich mit der Zeit summierte. Gern ging ich im Dorf zu einem Papiergeschäft. Dort blieben meine Augen an den Materialien des Druckereibesitzers Marx hängen.
Mithilfe meiner ersten „Ersparnisse“ kam ich eines Tages mit einem Füllfederhalter heim.
Herr Marx druckte mir auch eigene Visitenkarten, sehr zum Erstaunen und Unmut meines Vaters, der beides noch nicht selbst besaß.
Aber an diesen liebevollen Vorgang der Großmama und meiner Liebe zu dem Schreibwarengeschäft des Druckers Marx entzündete sich meine spätere Berufslaufbahn!!

Mein erstes Geld verdiente ich als Schriftsetzerlehrling und in der Berufsschule lernte ich das vorbildliche Schriftschreiben mit Feder und Tusche. Ein unvergesslicher Anfang im Riesengebirge mit unvergesslichen Augenblicken in der Hamburger Ausbildungsstätte bis hin zu der künstlerischen Ausbildung in Offenbach, wo es zusammen mit Maria „passierte“!

Vater bezahlte mein Studium – und ich verdiente mir fleißig Geld durch Schrift-Scherenschnitte für Herrn Dr. Karl Klingspor, die sich in seiner beliebten Sammlung für Bewunderer in Kronberg häuften.
In der Schule erhielt ich die erste Auszeichnung aus der Hand des Direktors Prof. Dr. Hugo Eberhardt: es war der „ Klingspor Preis“ ausgeschrieben, mein Freund Joachim Romann erhielt den erste und ich den zweiten Preis, dazu 50 DM Taschengeld. Das war Geld für Studenten (für die Anschaffung von Materialien) Dabei erinnerte ich mich gern an die ersten Erfahrungen in Wüstegiersdorf!
Mein Vater sah mit Widerwillen dort zu, wie wir vier Enkel „verwöhnt“ wurden. Ich erinnere mich, dass bei einer Einladung des Oberförsters Schwarz an mein Bett im Billardzimmer kam.
Er sagte „Morgen geh ich auf die Pirsch und Fischen. Du kannst mitkommen, wenn Du willst.“
Da ich wusste, dass mein Vater mein frühes ausreißen nicht billigen würde, schrieb ich auf einen Zettel, dass mich Oberförster Schwarz zur Pirsch mitnehmen wolle – und weg war ich. Was hatte ich da an dem frühen Morgen tolles erlebt an Überraschungen im Wald !!!
Als ich auf dem Nachhauseweg war, begegnete ich auf der anderen Straßenseite meinem Vater, Die Reaktion war mir unverständlich: „Komm Du mir nur nach Hause!“ Das bleibt mir unvergessen. Der junge Sohn hatte ein so großes Erlebnis gehabt! Nur weil ich mich beim Vater nicht abgemeldet hatte, belastete mich der bittere Vorwurf noch später sehr.

Die Großeltern zogen um an den Ort ihrer anderen Kammgarnspinnerei, nach Hirschberg im Riesengebirge. Dort lernten sich meine Eltern kennen und hielten Hochzeit. Viele Familienfeste wurden hier gefeiert. Meine Mutter Bruder Curt, war auch Pastor wie mein Vater, verheiratet mit Mathilde Huhndorf.
Ein Kuriosum stellte sich am 6. Februar 1914 bei beiden Familien ein. Gleichzeitig meldeten die Eltern die Ankunft je eines Sohnes. Die Namen waren Karlgeorg und Hans Georg. Hans Georg kehrte aus dem Krieg leider nicht mehr heim. Die originelle Geburtsanzeige des Großvaters im „Boten aus dem Riesengebirge“ vermeldete die seltene Doppelgeburt.
Zu erwähnen ist, dass merkwürdigerweise beide Väter (Otto Hoefer und Curt Dinglinger) auch den Geburtstag an ein und demselben Tage (20.12.) feierten, wenn auch mit einem Jahr Zwischenraum.

Über meine ersten Lebensjahre gaben Vater und die liebe Mutter eingehend Auskunft in 15 bzw. 24 Seiten eines stabilen Tagebuches. Dadurch habe ich viel von dem Aufwand der mütterlichen Liebe erfahren, die ich nach Gottfrieds Geburt leider ganz entbehren musste.
Nachdem meine Mutter am 13.12.1930 in der schlesischen Heilanstalt Lüben gestorben war, heiratete mein Vater seine Haushaltshilfe Steffi Beger. Diese starb kurz danach. Deren Schwester wurde Vaters dritte Frau, Margarete Beger, geb. 21.4.1895. 1987 wurde sie in Miltenberg begraben.


Meine Großeltern väterlicherseits
lebten in Danzig, wo meine Großmutter Marianne, geb. Ritter (geb. 5.3.1862 in Berlin, gest. 27.2.1900 in Danzig) auf dem Garnisonsfriedhof beerdigt wurde.
Durch ihren langen Krankheitszustand habe ich sie nicht mehr erleben dürfen.
Großvater heiratete am 3.9.1901 deren Schwester Johanna. Von Beruf war er Wirklicher Geheimer Kriegsrat. Als Großvater Hoefer 75 Jahre wurde, hatte „Großmutti“ Johanna gerade ihre 57 erreicht. Sie war akademische Malerin in Kassel. Der ehemalige 2. Kl. Offizier erhielt im Laufe seiner Dienstzeit Urkunden mit handschriftlicher Unterschrift u. a. eine vom alten Kaiser und 4 vom Kaiser Wilhelm II. Er trug 2 Halsorden am Band 1 Ordensschnalle. Er war für die gesamte Ausrüstung der deutschen Truppen verantwortlich!
Meine persönliche Erinnerung war, dass wir gerne zusammen wanderten. Natürlich hatte er immer an meiner Haltung etwas auszusetzen, denn ich war noch kein Soldat. Ganz einfach nahm er auf dem Weg von Mühle zu Mühle in Schlesien seinen Spazierstock zwischen meine nach hinten verschränkten Arme, um mich an gerade Haltung zu gewöhnen.
Sein Botanikunterricht war mir lehrreicher als der in der Schule, wo ich oft schon bescheid wusste. Mein Mut erprobte er auf waghalsigen Kirmesfahrten, wofür er großzügig bezahlte. Gern hob er den kleinen Enkelsohn so hoch er es schaffte.
Als ich Großmutti Eier im Korb zu bringen hatte, begrüßte ich sie von weitem mit hohem Schwung des Korbes, wobei die ganze Ladung zum Schreck auf der Straße landete. Großmutti hatte aber meine Begeisterung richtig verstanden, während ich von anderen ausgelacht wurde.

Maria Hoefer
Marias Leidenschaft war die Herstellung künstlerischer Patchwork und Quilt-Arbeiten: jahrelang nahm sie an solchen Kursen in Darmstadt und Mühlheim teil, um sich von namhaften in- und ausländischen Dozenten ausbilden zu lassen. Nie hatte Maria eine eigene Ausstellung. Mit den Jahren ist doch allerhand an eigenwilligen künstlerischen Ausdruck durch Marias textiles Können entstanden. Ich sehnte mich nach einer Ausstellung von ihr. Wie ein Wunder ergab sich die Möglichkeit kurz vor ihrem Ableben: im Deutschen Ledermuseum. Frau Ringwald und die Kulturdezernentin Frau Lydia Gesenhus ist es vordinglich zu verdanken, dass dort dem Ehepaar M und KG Hoefer zu Ehren die gemeinsame Ausstellung vom 3. bis 19. September 1998 stattfand. Prof. Dieter Linke von der Hochschule für Gestaltung Offenbach hielt die einführende Rede. Der Kulturdezernent Stephan Wildhirt begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste am 3. September um 19 Uhr. Das Thema der Ausstellung: „Die Freude kreativ zu sein“. Marias Patchwork-Arbeiten fanden dabei den größten Beifall.

Hier Presseartikel der FAZ, 5. September 1998

Leben für die Kalligraphie in „gelassener Heiterkeit“

Ausstellung des Ehepaares Karlgeorg und Maria Hoefer / 74 Exponate und Schreibwerkzeuge im Deutschen Ledermuseum



Mit einer eigenen Ausstellung, die am Donnerstag Abend im Deutschen Ledermuseum eröffnet wurde, hat die Stadt Offenbach das Werk des Künstlerehepaares Karlgeorg und Maria Hoefer gewürdigt. In Anwesenheit von mehr als 200 Gästen sagte der Bürgermeister und Kulturdezernent Stephan Wildhirt (SPD), Karlgeorg Hoefer habe als international renommierter Schriftkünstler gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Illustratorin Maria Hoefer, in „hervorragender Weise“ zur Bereicherung des kulturellen Lebens beigetragen. Mit der Ausstellung, die als Titel das Leitmotiv der Hoefers trage, „Die Freude, kreativ zu sein“, wolle die Stadt das Lebenswerk eines ungewöhnlichen Künstlerehepaares ehren.

Hoefer, dem die Stadt Offenbach bereits die Bürgermedaille in Silber verliehen hat und der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande ist, dankte dem Magistrat für die Ausstellung. Gerne zeige er in Offenbach, dessen Bürger er seit einem halben Jahrhundert sei, einen Teil der Kreativität, die sich in ihrer beider Werk ausdrücke. Sichtlich bewegt, begrüßte Hoefer die Gäste, meist Freunde des Ehepaares und Schüler des Schriftkünstlers. Die Ausstellungseröffnung bildete den Auftakt zu den „1. Offenbacher Kulturansichten“, einer noch bis morgen dauernden Veranstaltungsreihe, in der die hiesigen Kultureinrichtungen die Vielfalt ihres Angebots darstellen wollen.

Zu sehen sind im Deutschen Ledermuseum 74 Arbeiten von Karlgeorg und Maria Hoefer. Hinzu kommen in mehreren Vitrinen Schreibwerkzeuge und eine Buchauswahl. In einem mit „Wealth of Imagination“ überschriebenen Text, auf den der Besucher zwischen den Exponaten stößt, formuliert Hoefer sein künstlerisches Credo: „Die Schreibkunst von heute basiert aber nicht nur auf dem Formenreichtum der Vergangenheit, sondern drängt nach persönlichem Ausdruck.“ Zu den frühen Beispielen der Arbeit des heute vierundachtzigjährigen Hoefer, die im Museum präsentiert werden, gehört das Plakat „Werkkunst“, das er für eine Ausstellung 1950 an der damaligen Offenbacher Werkkunstschule entwarf. Die Schriftblätter, häufig liegen ihnen Zitate und Sequenzen von Dichtern, Schriftstellern, aus der Weisheitsliteratur oder der Bibel zugrunde, zeigen die Breite kalligraphischer Gestaltungsformen und Techniken, vom Spitzpinsel bis zum Filzstift. Dokumentiert sind auch Hoefers Bemühungen um die Reform der Schulschrift. So wirkte Hoefer im Studienseminar für Grundschulreferendare der Stadt und des Kreises Offenbach mit.

Von Maria Hoefer sind in der Ausstellung elf teils großformatige Wandbilder zu sehen, die in der Patchwork-Technik hergestellt wurden. Daneben finden sich Zeichnungen, das Leporello „Bäume durften im frischen Gras“, die gemeinsam mit ihrem Ehemann geschaffenen Radierungen, etwa ein Zyklus zum Alphabet. die Ausstellung gewährt nach Ansicht von Dieter Lincke, Professor an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung (HfG) für Zeichnen und Illustration, der das künstlerische Schaffen des Ehepaares würdigte, einen konzentrierten Einblick in das Werk beider Künstler, eine vollständige Retrospektive stelle sie jedoch nicht dar. Aus den präsentierten Arbeiten spreche eine „gelassene Heiterkeit“. Das Ehepaar Hoefer zeige, dass „das Alltägliche das Kreative ist“. Nach Linckes Darstellung hat Karlgeorg Hoefer ein „abgerundetes Gesamtoevre“ vorgelegt; Maria Hoefers Werk hingegen habe spät eingesetzt, in den achtziger Jahren, zeichne sich aber durch jugendliche Neugier und Schöpferkraft aus. Das Gemeinsame im Werk des Künstlerehepaares Hoefer sei in der „Balance zwischen Spontaneität und Strenge“ zu finden. Als ein „gemeinsames Verdienst“ des Ehepaares wertete Lincke zudem, dass die Hoefers aufgrund ihrer Erfahrungen Anfang der achtziger Jahre in Amerika die dort aufkommende Kalligraphie-Bewegung nach Deutschland gebracht hätten.

Lincke skizziert in seiner Ansprache den Lebensweg und die Arbeit der Künstler, die beide Mitte der dreißiger Jahre in Offenbach an den Technischen Lehranstalten, einer Vorläuferin der heutigen Hochschule für Gestaltung, studierten und dort einander kennen lernten. Maria Hoefer, die eine Lehre im Textilbereich absolviert hatte, studierte bei Willi Harwerth von 1935 bis 1939 Buchgestaltung und Illustration, Karlgeorg Hoefer, der Schrift- und Akzidenzsetzer gelernt hat, bei Harwerth und Ernst Engel von 1937 bis 1939 Schrift und Typographie. Mit der Anstellung als Fachlehrer für Schrift habe Karlgeorg Hoefer 1946 an der damaligen „Meisterschule für gestaltendes Handwerk“, einer weiteren Vorläuferin der HfG, Offenbach zum Mittelpunkt des beruflichen und persönlichen Lebens gewählt. Hoefer habe 33 Jahre lang an der Schule unterrichtet, bis zur Versetzung in den Ruhestand 1979.

Lincke, der in den sechziger Jahren Karlgeorg Hoefers Schriftklasse besuchte, hob dessen Einstellung zu Tradition und Moderne in der Schriftkunst hervor. Hoefer sei stets ein Gegner der sklavischen Nachahmung historischer Schriften und entschiedener Befürworter einer aus der individuellen Auffassung und Handschrift entwickelten Schriftgestaltung gewesen. Das komme besonders in seinem Interesse für die Wechselwirkung von Schreibwerkzeug und Schriftform zum Ausdruck. So sei für die von ihm geschaffene Schrift „Salto“ die selbsterfundene „Brause-505-Feder“ Ausgangspunkt gewesen; die Schrift „Zebra“ habe er aus dem Spitzpinsel entwickelt; die Schrift „Permanent“ sei gezeichnet. Für seine Arbeit charakteristisch sei die Verwendung des Japan-Pinsels geworden. Auch spiegele sich in Hoefers Druckschriften der technische Wandel wider, etwa in der digitalisierten griechischen Telefonbuchtype. Von Hoefer stammt zudem die Schrift für die „Euro"-Kennzeichen der Autos in Deutschland.

Den Beitrag Maria Hoefers, die 85 Jahre alt ist, sah Lincke in der begleitenden Anteilnahme und Kritik des Schaffens ihres Ehemannes, aber auch in der eigenständigen künstlerischen Tätigkeit, wie sie sich nach den Amerika-Aufenthalten entwickelt habe. Angeregt durch das dortige Arbeitsklima, habe sie sich der Technik des Patchworks zugewandt und darin ihr adäquates Ausdrucksmittel gefunden, künstlerische Eigenständigkeit und Freiheit gewonnen. Die abstrakt wirkenden textilen Wandbilder hätten fast immer einen gegenständlichen oder erzählerischen Inhalt.

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